„Bin ich vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betroffen?“
Die Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) ist ein Thema, bei dem vielen Unternehmen der sprichwörtliche Schuh drückt. Auf vielen Messen, Kongressen, Foren, usw. wird das neue Gesetz – wie auch die übergeordneten Themen Sustainability und Corporate Responsibility – in der letzten Zeit hoch aufgehängt. Die (manchmal ungenauen, manchmal falsch dargestellten) Medienberichte über die vermeintliche Rechtslage tun ihr übriges zur Verunsicherung. Doch nicht jedes Unternehmen ist von dem LkSG überhaupt betroffen. Wir wollen hier etwas Klarheit schaffen.
Damit ein Unternehmen an das LkSG gebunden ist, müssen zwei Voraussetzungen gleichzeitig gegeben sein.
1. Beschäftigung einer Mindestanzahl von Arbeitnehmern in Deutschland (aktuell 3000, ab dem Jahr 2024: 1000). Die Zahl wird folgendermaßen ermittelt:
a) Es zählen nur in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer, § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 LkSG. Die Anzahl der Arbeitnehmer wird – anders als z.B. im Arbeitsrecht – rein faktisch bestimmt: Es zählen auch leitende Angestellte, Auszubildende, Leiharbeitnehmer (wenn sie über 6 Monate eingesetzt werden) und ins Ausland entsandte Arbeitnehmer dazu, und zwar pro Kopf und unabhängig davon, wo oder wie lange sie arbeiten.
b) In Holding- und Konzernstrukturen muss berücksichtigt werden: Die Arbeitnehmer von konzernangehörigen (§ 15 AktG) Tochterunternehmen sind gemäß § 1 Abs. 3 LkSG mitzuzählen. Hat beispielsweise die (deutsche) Obergesellschaft 500 Arbeitnehmer und eine (deutsche) Tochtergesellschaft 3500 Arbeitnehmer, so sind sowohl die Obergesellschaft als auch die Tochter sorgfaltspflichtig. Die Arbeitnehmer der Tochter zählen sowohl für die Tochter-, als auch für die Obergesellschaft. Tochterunternehmen sind dann konzernangehörig, wenn das die Obergesellschaft mehr als 50% der Anteile (oder Stimmrechte) hält, wenn die Obergesellschaft das Tochterunternehmen einheitlich leitet oder dort beherrschenden Einfluss ausüben kann sowie wenn zwischen beiden ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde.
c) Zu konzernangehörigen Tochterunternehmen zählen grundsätzlich auch ausländische Tochterunternehmen. Dort werden allerdings nur die in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer mitgezählt.
2. Ansässigkeit des Unternehmens in Deutschland
Das LkSG gilt außerdem nur dann, wenn das Unternehmen eine der folgenden Stätten in Deutschland hat:
-
- ihre Hauptverwaltung,
- ihre Hauptniederlassung,
- ihren Verwaltungssitz,
- ihren satzungsmäßigen Sitz oder
- eine Zweigniederlassung gemäß § 13d HGB.
Für grenzüberschreitende Konzernstrukturen ist folgendes zu beachten:
a) Aus der Perspektive einer ausländischen Muttergesellschaft gilt: Allein die Tatsache, dass ein Konzern ein Tochterunternehmen in Deutschland hat, führt nicht zur Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs. Dies ist in Medienberichten leider teilweise unrichtig dargestellt. Deutsche Tochterunternehmen sind selbstständig zu beurteilende Einheiten. Wenn sie (für sich selbst genommen) die Arbeitnehmerzahl erreichen, sind die deutschen Tochterunternehmen selbst sorgfaltspflichtig. Dass ein ausländisches Unternehmen in Deutschland lediglich Betriebsstätten i.S.v. § 12 AO unterhält, genügt ebenfalls nicht: Wenn ein ausländisches Unternehmen lediglich Geschäftsstellen, Fabrikations- oder Werkstätten, Warenlager, Ein- oder Verkaufsstellen oder Repräsentanzen in Deutschland unterhält, ist es nicht sorgfaltspflichtig. Auf die Rechtsform kommt es nicht an.
b) Aus der Perspektive einer inländischen Konzernmutter gilt: Ausländische Tochtergesellschaften werden grundsätzlich nicht mitgezählt. Eine Ausnahme besteht dann, wenn Arbeitnehmer der (eigentlich ausländischen) Tochtergesellschaft in Deutschland eingesetzt werden. Diese werden in die Berechnung mit einbezogen.
Was ist zu tun?
Ist die Arbeitnehmerschwelle überschritten, so entfaltet das LkSG verbindliche Wirkung. Dann müssen verschiedene Maßnahmen und Prozesse eingeführt werden, um den Anforderungen zu genügen. Für Unternehmen, die die Schwelle erst 2024 überschreiten werden, ist zu beachten: Ein Teil der Anforderungen muss dann bereits zum 01.01.2024 umgesetzt sein. Daher ist es wichtig, eine korrekte Umsetzung rechtzeitig zu planen.
Hinweis: Hier handelt es sich um eine vereinfachte und zusammenfassende Darstellung des LkSG, welche allein dazu dient, dem Leser einen Überblick über die gesetzliche Regelung zu verschaffen. Keinesfalls kann die Lektüre eine individuelle Beratung ersetzen.
Kontaktieren Sie uns gerne, falls Sie weitere Fragen zum LkSG oder Fragen zu Themen der Lieferkette haben.