Steuerrecht
Rechtsprechung – „Zwischenvermietung“ für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG unschädlich
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch sein Urteil vom 03.09.2019 (Az. IX R 10/19) den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG präzisiert. Nach Ansicht des BFH steht dem Anwendungsbereich dieser Ausnahmeregelung eine „Zwischenvermietung“ im Jahr der Veräußerung nicht entgegen, wenn eine zusammenhängende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken innerhalb von drei Jahren vorlag.
Nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören auch private Veräußerungsgeschäfte zu den sonstigen Einkünften. Wird eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung veräußert, ist die Veräußerung steuerpflichtig. Hiervon gibt es eine Ausnahmeregelung für Immobilien die zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Ist eine der folgenden Alternativen der Ausnahmeregelung erfüllt, liegt kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vor:
- nach der 1. Alternative, wenn Immobilien im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden
- nach der 2. Alternative, wenn Immobilien, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden
Eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ liegt bei beiden Alternativen nur dann vor, wenn die Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Hiervon nicht erfasst ist die entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung an einen Dritten, ohne die Wohnung selbst zu bewohnen (BFH Urteil vom 27.06.2017, IX R 37/1).
In dem beim BFH vorgelegten Fall veräußerte der Steuerpflichtige seine 2006 angeschaffte Eigentumswohnung im Dezember 2014. Die Veräußerung lag damit innerhalb der Veräußerungsfrist von zehn Jahren. Die im Dezember 2014 veräußerte Wohnung wurde vom Steuerpflichtigen seit der Anschaffung bis einschließlich April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Von Mai 2014 bis zur Veräußerung im Dezember 2014 wurde die Wohnung vermietet.
Entgegen der Ansicht des zuständigen Finanzamts, stimmte der BFH dem Finanzgericht Baden-Württemberg zu und entschied, dass die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG eingreift. Das Veräußerungsgeschäft ist damit nicht steuerpflichtig.
Die private Nutzung des Steuerpflichtigen erstreckte sich über drei Kalenderjahre. Der Steuerpflichtige nutzte die Eigentumswohnung in den Jahren 2012 bis 2013 sowie Januar 2014 bis einschließlich April 2014 ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken. Die erfolgte „Zwischenvermietung“ der Wohnung im Zeitraum von Mai 2014 bis Dezember 2014 ist für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG unschädlich.
Die Immobilie muss innerhalb der drei Jahre nicht nur ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Es ist ausreichend, wenn ein zusammenhängender Zeitraum der eigenen Wohnnutzung vorliegt und sich über drei Jahre verteilt. Die eigene Nutzung zu Wohnzwecken muss sich daher auf das gesamte mittlere Jahr erstrecken, während die Wohnnutzung im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag betragen kann.
Demnach wäre nach dem BFH eine durchgehende eigene Wohnnutzung beispielsweise von einschließlich 31.12.2018 bis einschließlich 01.01.2020 ausreichend. Es würde damit eine zusammenhängende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken von einem Jahr und zwei Tagen über drei Jahre verteilt vorliegen. Das Veräußerungsgeschäft im Jahr 2020 wäre dann aufgrund der zusammenhängenden eigenen Wohnnutzung im Jahr der Veräußerung und in den letzten zwei Jahren nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG nicht mehr steuerpflichtig.