Arbeitsrecht
Risiko Scheinselbständigkeit – Novellierung des Statusfeststellungsverfahrens
Fremdpersonaleinsatz im Betrieb und insbesondere Aufträge an sog. Soloselbständige bergen regelmäßig das Risiko, Fehler bei der Beurteilung der oft verzwickten Zuordnung zu Selbständigkeit oder Arbeitnehmerstatus zu machen. Da der Arbeitgeber rückwirkend bis zu 4 Jahren, bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahren, die vorenthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich 1% monatlicher Säumniszuschlag zu tragen hat, ist in Zweifelsfällen die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV bei der Clearingsstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV Bund) angeraten.
Das bisherige Verfahren – nach Aufnahme der Auftragstätigkeit - ist jedoch unbefriedigend. Die Erwartungen an die Rechtssicherheit der Entscheidung leiden neben der langen Dauer und Komplexität des Verfahrens sowie der vielfach erlebten mangelnden Objektivität der DRV Bund daran, dass nicht über den Erwerbsstatus, sondern nur über die Versicherungspflicht entschieden wird.
Aufgrund dieser allgemein zugestandenen Schwächen wird das Verfahren mit Wirkung ab dem 01.04. 2022 – befristet bis zum 30.06.2027 - grundlegend novelliert. Im Fokus der Entscheidung steht künftig der Erwerbsstatus, also die Frage, ob bei einem Auftragsverhältnis eine abhängige oder selbständige Tätigkeit vorliegt. Über die Versicherungspflichten entscheidet dann auf Meldung des Arbeitgebers die Einzugsstelle, also regelmäßig die Krankenkasse bzw. die Minijobzentrale. Über die eventuelle Rentenversicherungspflicht von Selbständigen entscheidet der zuständige Versicherungsträger.
Künftig kann man vor Aufnahme der Tätigkeit anhand des vorgesehenen Vertrages eine Prognoseentscheidung erwirken; Änderungen der tatsächlichen Durchführungen müssen allerdings zeitnah mitgeteilt werden, so dass in diesem Fall Entscheidungen erst für die Zukunft aufgehoben werden. Ein weiterer Vorteil ist die sog. Gruppenfreistellung, wonach eine gutachterliche Stellungnahme beantragt werden kann, wenn der Auftragnehmer innerhalb von 2 Jahren nach dem Gutachten vom selben Auftraggeber mehrfach in wesentlich gleichen Auftragsverhältnissen eingesetzt werden. Geringfügige Abweichungen der Vertragsgestaltung sind unschädlich.
Neu und für Personalprovider begrüßenswert ist die Möglichkeit, ein Statusfeststellungsverfahren auch unmittelbar im Dreiecksverhältnis durchzuführen. Diese Gestaltung konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. Es geht dabei um Fälle, in denen Beratungsunternehmen und Personaldienstleister bei ihren Kunden Geschäftsführer oder Interimsmanager als Erfüllungsgehilfen im Rahmen von Werk- bzw. Dienstverträgen einsetzen. Hier muss vermieden werden, dass der drittbezogene Personaleinsatz zur Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Kunden führt, um eine verdeckte und somit illegale Arbeitnehmerüberlassung zu vermeiden. Künftig wird die DRV Bund die Kompetenz haben, solche Tätigkeiten umfassend im Hinblick auf beide Rechtsverhältnisse zu prüfen. Der Kunde soll in das Statusfeststellungsverfahren einbezogen und jedenfalls vor Bekanntgabe der Entscheidung gehört werden.