Arbeitsrecht
Stichtag 20.März 2022: Rückkehr aus dem Homeoffice ins Büro – Einfache Anweisung durch Arbeitgeber ausreichend?
Am 16. Februar 2022 haben Bund und Länder im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, dass die im Infektionsschutzgesetz verankerten Corona-Maßnahmen ab dem 20. März 2022 entfallen. Dies betrifft auch die gesetzliche Verpflichtung der Arbeitgeber nach § 28 b Abs. 4 Infektionsschutzgesetz Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.
Gemäß § 106 Satz 1 GewO darf der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen selbst bestimmen. Das Weisungsrecht umfasst hierbei auch das Recht des Arbeitgebers, eine einmal erteilte Weisung mit Wirkung für die Zukunft wieder zurückzunehmen oder zu ändern. Selbst die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft allein keinen Vertrauenstatbestand für Arbeitnehmer, dass der Arbeitgeber von diesem Recht keinen Gebrauch mehr machen will.
Voraussetzung hierfür ist, dass der Ort der Arbeitsleistung nicht durch den Arbeitsvertrag oder eine spätere individuelle Vereinbarung, die Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder durch gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts eine Abwägung der wechselseitigen Interessen vornehmen.
Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München vom 26.08.2021, 3 SaGa 13/21 sind Arbeitgeber nach § 106 GewO grundsätzlich berechtigt, eine Homeoffice-Tätigkeit durch einfache Anweisung zu beenden.
Der Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, Tätigkeiten aus den Büroräumen ausführen zu lassen, kommt in diesen Fällen ein besonderes Gewicht zu. Eine derartige Organisationsentscheidung des Arbeitgebers ist durch die Gerichte nicht auf ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Belange der Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang gänzlich zu vernachlässigen sind. Die Organisationsentscheidung muss auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn die zugrundeliegende unternehmerische Entscheidung die Anweisung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt.
Im Falle des LAG München genügten hierbei betriebliche Gründe wie die unterschiedliche technische Ausstattung und mögliche datenschutzrechtliche Probleme.
Belange der Arbeitnehmer, wie z.B. ein befürchtetes höheres Infektionsrisiko auch für Risikogruppen, die derzeit hohen Spritkosten oder An- und Abreisezeiten treten dahinter zurück.
Weder die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, noch ein Vertrauenstatbestand schafften einen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Homeoffice-Tätigkeit.
Die Entscheidung des Arbeitgebers verstieß auch nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Soweit keine Sonderregelungen bestehen, können Arbeitgeber demnach ihre Mitarbeiter anweisen, ab dem 20. März 2022 ihre Arbeit wieder in den Büroräumen auszuüben.
Bei der Rückkehr in die Büroräume müssen Arbeitgeber auch weiterhin die SARS-CoV-2-Arbeitschutzverordnung beachten. Es ist davon auszugehen, dass diese ab dem 20. März 2022 durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) an das aktuelle Infektionsgeschehen angepasst wird.