Arbeitsrecht
Zuweisung von Desk-Sharing-Arbeitsplätzen als mitbestimmungspflichtige Versetzung?
Das Bundesarbeitsgericht musste sich in seinem Beschluss vom 17.11.2021, 7 ABR 18/20 unter anderem mit der Frage beschäftigen, ob es sich bei der Zuweisung von Desk-Sharing-Arbeitsplätzen um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme nach § 99 Abs. 1 BetrVG (Versetzung) handelt.
Der betriebsverfassungsrechtliche Begriff der Versetzung ist in § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG definiert als: Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, der die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
Die Arbeitgeberin hat ihren Sitz in Berlin. Sie unterhält dort mehrere Dienstgebäude. Die Arbeitgeberin wies alle 59 Mitarbeiter, die bislang am Standort in der B Straße beschäftigt waren, an, zukünftig ihre Arbeitstätigkeit aus dem Standort in der W Straße zu erbringen. Beide Standorte liegen im Stadtgebiet Berlin. Sie sind 12.1km voneinander entfernt. Die Fahrzeit zwischen den Standorten beträgt mit öffentlichen Verkehrsmitteln mindestens 46 Minuten. Bisher waren die Mitarbeiter etwa zur Hälfte in einem Großraumbüro und mehreren kleineren Büros untergebracht. Am neuen Standort arbeiten alle Mitarbeiter in zwei Großraumbüros, wobei Desk-Sharing-Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter vor Beginn ihrer Tätigkeit einen freien Schreibtisch wählen und ihre individuellen Arbeitsmittel aus dem verschließbaren Wertschrank entnehmen und an den Schreibtisch bringen müssen.
Die Arbeitgeberin hat vor der Umsetzung keine Zustimmung zu personellen Einzelmaßnahmen von ihrem Betriebsrat eingeholt.
Der Betriebsrat verlangte von der Arbeitgeberin die Aufhebung der Maßnahme, da er der Meinung ist, es handele sich hierbei um mitbestimmungspflichtige Versetzungen gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 17.11.2021, 7 ABR 18/20 festgestellt, dass es sich bei der oben beschriebenen Maßnahme nicht um mitbestimmungspflichtige Versetzungen handelt.
Ausschlaggebend hierfür waren folgende Erwägungen:
Trotz der Entfernung handelt es sich um eine Umsetzung innerhalb einer politischen Gemeinde.
Von der Maßnahme sind alle Mitarbeiter des Standortes B betroffen. Deshalb muss der Betriebsrat keine Abwägungs- oder Auswahlentscheidung des Arbeitgebers überprüfen.
Die Art der Tätigkeit, die funktionalen Beziehungen untereinander, die Einordnung in die Arbeitsabläufe und die Zuständigkeiten von Vorgesetzten ändern sich nicht.
Dass einige Mitarbeiter nunmehr in einem Büro arbeiten müssen, dass für einen größeren Anzahl von Mitarbeitern vorgehalten ist und alle Mitarbeiter vor Beginn ihrer Tätigkeit nunmehr ihre Arbeitsmittel aus dem Wertschrank entnehmen und an einen freien Schreibtisch bringen müssen, lässt aus Sicht eines mit den betrieblichen Gegebenheiten vertrauten Beobachters nicht den Schluss zu, dass sich die Tätigkeit der betroffenen Mitarbeiter so verändert hat, dass sie am neuen Standort als eine „andere“ anzusehen wäre.