Wirtschaftsrecht Frankreich
Obacht bei Forderungsabtretungen von Schuldnern aus den französischsprachigen Nachbarländern
Die europäische Einigung und die Zunahme der regionalen Zusammenarbeit in den Grenzregionen zu Frankreich, Belgien und Luxemburg hat es mit sich gebracht, dass auch deutsche Geschäftsbanken vermehrt Kunden mit Beziehungen zu den französischsprachigen Nachbarländern bedienen. In diesem Zusammenhang werden auch Darlehen an Personen gewährt, die einen Bezug zu einem oder mehreren der Nachbarländer haben. Soweit diese Darlehen durch die Abtretung von Forderungen besichert werden sollen, die dem Recht eines der Nachbarländer unterliegen, ist unbedingt darauf zu achten, dass die Voraussetzungen des jeweiligen Nachbarstaates für die Geltung der Abtretung gegenüber Dritten eingehalten werden.
Voraussetzung für die Wirkung von Forderungsabtretungen gegenüber Dritten ist die Anzeige der Abtretung an den Schuldner
Sowohl in Frankreich als auch in Belgien und Luxemburg setzt die Forderungsabtretung die Einhaltung bestimmter Formvorschriften voraus, um sich gegenüber Dritten darauf berufen zu können.
Gemäß Art. 1690 des französischen Code civil muss die Mitteilung über die Forderungsabtretung dem Schuldner gegenüber entweder durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt werden oder der Schuldner muss in einer notariellen Urkunde zugestimmt haben, damit die Forderungsabtretung auch gegenüber Dritten wirksam ist.
Auch nach luxemburgischem Recht (Art. 1690 luxemburgischer Code civil) erlangt eine Forderungsabtretung erst mit der Benachrichtigung des Schuldners oder durch die Zustimmung des Schuldners in einer notariellen oder privatschriftlichen Urkunde gegenüber Dritten Wirksamkeit. Nach Art. 17 des luxemburgischen Gesetzes vom 11. November 1970 muss die Benachrichtigung durch Einschreiben erfolgen.
Das belgische Recht sieht in Art. 1690 Abs. 3 des belgischen Code civil ausdrücklich vor, dass bei einer mehrfachen Abtretung derselben Forderung derjenige Zessionar Vorrang hat, der nachweisen kann, die Abtretung gutgläubig als erster dem Schuldner angezeigt oder vom Schuldner die Anerkennung der Forderungsabtretung erhalten zu haben.
Welches Recht findet bei Mehrfachabtretungen Anwendung?
Für deutsche Sicherungsgläubiger, z. B. Banken als Darlehensgeber, stellt sich die Frage, nach welchem Recht sich die Drittwirkung von Forderungsabtretungen beurteilt.
Zwar darf davon ausgegangen werden, dass deutsche Kreditinstitute in ihren Standardbedingungen versuchen werden, die Sicherungsabtretung deutschem Recht zu unterstellen. Jedoch sagt das Rechtsverhältnis zwischen Zedent und Zessionar nichts darüber aus, nach welchem Recht sich im Fall einer Mehrfachabtretung beurteilt, welchem Zessionar der Vorrang gebührt. Diese Frage, die zum Themenkreis der sogenannten Drittwirkung von Forderungsabtretungen gehört, wird in der Fachliteratur unterschiedlich beantwortet. Art. 14 der Rom I Verordnung, welcher das auf grenzüberschreitende Forderungsabtretungen anwendbare Recht bestimmt, regelt nicht die Frage der Drittwirkung von Forderungsabtretungen.
Das OLG Saarbrücken[1] hat nun, nachdem es diese Frage im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens[2] dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat, entschieden, dass die Grundsätze der Rechtsprechung zu Art. 33 Abs. 2 EGBGB a. F. weiterhin gelten sollen. Hiernach richtet sich die Drittwirkung von Forderungsabtretungen nach dem sogenannten Forderungsstatut, also dem Recht, welches auf die abgetretene Forderung Anwendung findet.
Soweit also ein Kunde zur Sicherung seines Darlehens eine Forderung abtritt, die französischem, belgischem oder luxemburgischem Recht unterliegt, kommt es bei einer mehrfachen Abtretung dieser Forderung darauf an, welcher Zessionar die Abtretung als erstes dem Schuldner unter Einhaltung der nach lokalem Recht geltenden Formvorschriften bekannt gemacht hat. Es kommt dagegen nicht – wie im deutschen Recht – darauf an, welche Abtretung zeitlich prioritär vorgenommen wurde.
Fazit
Bei Forderungsabtretungen in der Grenzregion sollte also genau geprüft werden, welchem Recht die abgetretene Forderung unterliegt. Handelt es sich beispielsweise um eine Gehaltsforderung gegenüber einem französischen, belgischen oder luxemburgischen Arbeitgeber, weil der Bankkunde dort beschäftigt ist, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Forderungsabtretung unverzüglich dem jeweiligen Arbeitgeber nach den lokalen Formvorschriften angezeigt wird. Dies gilt auch dann, wenn die Forderungsabtretung selbst deutschem Recht unterliegt und deutsche Gerichte zuständig sind.
[1] OLG Saarbrücken (4. Zivilsenat), Urteil vom 20.02.2020 – 4 U 109/17
[2] EuGH (1. Kammer), Urteil v. 09.10.2019 – C-584/18 (BGL BNP Paribas SA/TeamBank AG Nürnberg)