Immobilien- & Baurecht
Update zu Einschränkungen beim Immobilienkauf in München, wenn die Immobilie im Erhaltungssatzungsbereich liegt (Teil III):
Wenn eine im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung der Stadt München liegende Immobilie verkauft wird, steht der Stadt München nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ein Vorkaufsrecht zu. Dieses Vorkaufsrecht kann abgewendet werden, indem der Käufer sich gegenüber der Stadt verpflichtet, das Grundstück entsprechend den Zielen und Zwecken der einschlägigen Erhaltungssatzung zu nutzen (§ 27 Abs. 1 S. 1 BauGB). Diese Verpflichtung wird Abwendungserklärung genannt. Im Jahr 2019 hatte die Stadt München die Anforderungen an die Erklärung des Käufers zur Abwendung des gemeindlichen Vorkaufsrechts dahingehend verschärft, dass neben Modernisierungsverboten und Aufteilungsbeschränkungen zahlreiche weitergehende Verpflichtungen in die Abwendungserklärung aufgenommen wurden (ausführlich hierzu: Teil I und Teil II).
Aufgenommen wurde unter anderem die Verpflichtung des Käufers,
- Neuvermietungen nur noch an nach dem München Modell-Miete förderberechtigte Personen vorzunehmen,
- förderberechtigte Mietparteien nicht wegen Eigenbedarfs zu kündigen, und
- Grenzen bezüglich der Miethöhe bei förderberechtigten Mieter*innen einzuhalten.
Viele Käufer fühlen sich durch diesen nunmehr umfangreichen Katalog an Verpflichtungen zur Abwendung des städtischen Vorkaufsrechts in ihren Rechten verletzt und sehen die Verschärfung als unzulässigen Eingriff in die Eigentumsfreiheit an. Zu Unrecht, wie das VG München mit Urteil vom 7. Dezember 2020 (Az. M 8 K 19.5422) entschied. Die Verschärfung der Anforderungen an die Abwendungserklärung wurde durch das VG bestätigt.
In seinem Urteil vom Dezember 2020 unterscheidet das VG klar zwischen der Rechtsstellung des Eigentümers und der eines potenziellen Käufers. Während die aus der Erhaltungssatzung resultierenden Genehmigungspflichten hinsichtlich baulicher oder Nutzungsänderungen nach § 172 Abs. 1 BauGB in die Freiheit des Eigentümers eingreifen, sein Eigentum nach seinen Wünschen zu gestalten, entzieht die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB dem Käufer lediglich die Chance auf den Eigentumserwerb.
Dem benannten Urteil lag zugrunde, dass der Käufer statt der seitens der Stadt gewünschten umfangreichen Abwendungserklärung eine eigene, gekürzte Abwendungserklärung abgegeben hatte. Die Stadt hat daraufhin ihr Vorkaufsrecht ausgeübt. Das VG hatte nunmehr insbesondere darüber zu entscheiden, ob die von dem Käufer abgegebene gekürzte Abwendungserklärung ausreichend war, um die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt rechtswidrig werden zu lassen.
Im Kern dieser Prüfung stellte sich damit die Frage, ob die Stadt im Rahmen der Abwendungserklärung über den Katalog des § 172 Abs. 1 BauGB hinausgehende Verpflichtungen einfordern darf. Dies wurde in der Vergangenheit häufig diskutiert und nunmehr von dem VG München bejaht.
Das Gericht erkennt an, dass die Abwendung des Vorkaufsrechts ein subjektives öffentliches Gestaltungsrechts des Käufers ist und dessen Wirksamkeit nicht von der Zustimmung oder Mitwirkung der Gemeinde abhängt. Maßgeblich für die inhaltliche Wirksamkeit der Abwendung ist jedoch, ob die mit der konkreten Erhaltungssatzung verfolgten städtebaulichen Zielsetzungen ebenso gut durch den Grundstückskauf des privaten Dritten erreicht werden können wie durch die Ausübung des Vorkaufsrechts der Stadt.
Erhaltungssatzungen können nach § 172 Abs. 1 BauGB auf den Erhalt der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt, auf den Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung oder auf städtebauliche Umstrukturierungen abzielen.
Im Rahmen sogenannter Milieuschutzsatzungen (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) stellt der Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung den verfolgten Zweck dar. Dieser bezweckte Erhalt ist in Milieuschutzgebieten häufig dadurch gefährdet, dass die Wohnungen aufgrund ihrer Lage das gesteigerte Interesse finanzkräftiger Mieter finden und dadurch ein Verdrängungsprozess einkommensschwächerer Mieter stattfindet. Um dies zu verhindern, sei die von dem Kläger abgegebene eigene Abwendungserklärung nicht ausreichend gewesen.
Das Vorkaufsrecht stelle ein selbstständiges Instrument dar, das die übrigen Steuerungs- und Sicherungsinstrumente ergänze. Würde man für die Abwendung des Vorkaufsrechts schon ausreichen lassen, dass sich der Käufer zu einem Verhalten verpflichtet, das schon durch den in der Erhaltungssatzung festgeschriebenen Genehmigungsvorbehalt erreicht werden kann, liefe das zusätzliche Instrument leer. Abzustellen für die inhaltliche Wirksamkeit einer Abwendungserklärung sei vielmehr auf die Gleichwertigkeit dieser Verpflichtung gegenüber dem Eigentumserwerb durch die Stadt. Dementsprechend könnten im Rahmen der Abwendungserklärung unter anderem Mieterhöhungsbegrenzungen, Beschränkungen des Mieterkreises oder Ausschluss von Eigenbedarfskündigungen verlangt werden.
Fazit
Die 2019 vorgenommene Verschärfung der Anforderungen an die Abwendungserklärung wurde gerichtlich bestätigt. Zwar handelt es sich hierbei nicht um eine oberverwaltungsgerichtliche Entscheidung, eine Berufung gegen das Urteil des VG wurde jedoch nicht zugelassen. Kaufinteressenten von Immobilien in Erhaltungssatzungsgebieten werden wohl auch zukünftig damit rechnen müssen, einen weitreichenden Verpflichtungskatalog übernehmen zu müssen, um das Vorkaufsrecht abzuwenden.