Immobilien- & Baurecht
Die Mindestsätze der HOAI 2013 bleiben in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten anwendbar !
Im Blog-Beitrag vom 21.01.2022 hatten wir auf das Urteil des EuGH vom 18.01.2022 hingewiesen, in dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs (BGH) ausurteilte, dass das Unionsrecht der Anwendbarkeit der verbindlichen Mindestsatzregelungen der HOAI 2013 in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privatpersonen - trotz der im Urteil vom 04.07.2019 festgestellten Unionsrechtswidrigkeit des verbindlichen Preisrechts der HOAI 2013 - nicht unmittelbar entgegensteht. Der EuGH wies im Urteil vom 18.01.2022 jedoch darauf hin, dass es den nationalen Gerichten unbenommen sei, die Anwendung der Mindestsatzregelungen der HOAI 2013 aufgrund innerstaatlichen Rechts auszuschließen.
Der BGH hat nun im maßgeblichen Revisionsverfahren VII ZR 174/19 mit Urteil vom 02.06.2022 entschieden, dass die Geltendmachung eines Anspruchs durch eine Partei insbesondere nicht deshalb gemäß § 242 BGB als treuwidrig und damit unzulässig bewertet werden kann, weil die nationale Rechtsvorschrift, aus der der Anspruch hergeleitet wird, gegen eine Richtlinie der Europäischen Union verstößt. Eine Partei könne sich vielmehr grundsätzlich auf eine nationale Rechtsvorschrift berufen, solange diese weiterhin gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar sei. Damit steht nun endgültig fest, dass das verbindliche Preisrecht der HOAI 2013 in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten anwendbar bleibt.
Wie bereits in unserem Blogbeitrag vom 21.01.2022 erwähnt, sollten Architekten und Ingenieure nun alsbald anwaltlich prüfen lassen, ob ihnen Honoraraufstockungsansprüche aufgrund mindestsatzunterschreitender und damit unwirksamer Honorarvereinbarungen aus Altverträgen gegen ihre Auftraggeber zustehen. Demgegenüber sollten derart auf Zahlung der Mindestsätze der HOAI 2013 in Anspruch genommene Auftraggeber die vom EuGH im Urteil vom 18.01.2022 erwähnte Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Bundesrepublik Deutschland prüfen lassen und in Betracht ziehen.