Immobilien- & Baurecht
Unit Deal: Echte Alternative zum Share Deal oder bloß eine Notlösung?
Nach langen Überlegungen und Umsetzungsversuchen ist das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes zum 01. Juli 2021 in Kraft getreten, durch das die Vermeidung des Anfalls von Grunderwerbsteuer, insbesondere durch die Neueinfügung des § 1 Abs. 2b GrEStG, im Rahmen von Share Deals nun erschwert. Die bisher eingesetzte RETT-Blocker Strukturen, bei denen 5,1 % der Geschäftsanteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft zurückbehalten oder durch einen Co.-Investor erworben wurden, sind danach zwar nicht hinfällig, aber wirtschaftlich deutlich unattraktiver. Durch die Einfügung einer der für Personengesellschaften bereits geltenden schädlichen Anteilserwerbsgrenze von jetzt 90 % innerhalb von zehn Jahren (bzgl. Personengesellschaften zuvor 95 % innerhalb von fünf Jahren) für Anteilserwerbe bei Kapitalgesellschaften und die Erhöhung der Haltefristen von fünf auf zehn bzw. bis zu fünfzehn Jahren wird der mittelbare Grundstückserwerb mittels Share Deal vor wirtschaftliche und praktische Herausforderungen gestellt.
Bisher nicht im Blickfeld dieser grunderwerbsteuerlichen Gesetzesneuerungen ist der sogenannte Unit Deal bei Immobilien-Investmentvermögen. Bei diesem wechseln die an einem Immobilien-Sondervermögen beteiligten Anteilseigner, ohne den Anfall von Grunderwerbsteuer auszulösen.
Im nachfolgenden Beitrag soll zunächst die grundlegende zivilrechtliche Behandlung von Sondervermögen beleuchtet werden. In einem nächsten Schritt soll dargelegt werden, ob und inwieweit dieser Anteilserwerb unter die Regelungen des Grunderwerbsteuergesetztes fällt.
Zivilrechtliche Einordnung von Immobilien-Sondervermögen:
Zivilrechtlich sind Sondervermögen als nicht rechtsfähige Vermögensmassen einzuordnen, ihnen kommt also keine eigene Rechtspersönlichkeit zu und sie können deshalb grundsätzlich nicht Träger von Rechten und Pflichten sein. Um dieser „Rechtsülle“ Inhalt zu geben, sieht das KAGB zwei Formen der Verwaltung durch Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) vor, die Treuhandlösung und die Miteigentumslösung, wobei letztere hier nicht weiter vertieft werden soll.
Von besonderer Bedeutung ist die Verbriefung der Rechte am Sondervermögen in frei übertragbaren Anteilsscheinen. Immobilien-Sondervermögen sind dabei nach § 1 Abs. 19 Nr. 23 KAGB solche Sondervermögen, die nach ihren Anlagebedingungen das bei ihnen eingelegte Geld in Immobilien anlegen.
Nach der sog. Treuhandlösung hält die das Sondervermögen verwaltende KVG das Eigentum an den Immobilien bzw. an der Beteiligung an Immobiliengesellschaften und nicht die Anteilseigner des Sondervermögens (auch nicht anteilig). Die KVG hält also das Eigentum treuhänderisch „für Rechnung des Sondervermögens“, sodass deren Eigentümerstellung durch einen Wechsel der Anteilseigner des Sondervermögens nicht berührt wird.
Eine weitere Möglichkeit der „Übertragung“ von Immobilienvermögen besteht bei durch dieselbe KVG verwalteten Sondervermögen mittels eines sog. Umbuchungsbeschlusses (Umbuchungsmodell). Hierbei wird das Vermögen des Sondervermögens intern im Rahmen der Buchführung bei der KVG auf ein neues Sondervermögen „umgebucht“. Das neue Sondervermögen wird durch den Anleger mit Kapital ausgestattet und dieses als „Kaufpreis“ auf das alte Sondervermögen umgebucht und damit den „verkaufenden“ Anlegern zugänglich gemacht. Auch hierbei bleibt zivilrechtlicher Eigentümer stets die KVG, aber vor Durchführung des Umbuchungsbeschlusses für Rechnung des ursprünglichen und nach Umbuchung für Rechnung des neuen Sondervermögens.
Grunderwerbsteuerliche Einordnung:
Im Gegensatz beispielsweise zur Einkommensteuer, folgt das Grunderwerbsteuerrecht den zivilrechtlichen Vorgaben und denen des KAGB. In Bezug auf das Treuhandmodell bedeutet das, dass allein die KVG als Eigentümer des Grundbesitzes bzw. der Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften und damit als Erwerbssubjekt anzusehen ist. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil v. 29.09.2004 - II R 14/02, BStBl. II 2005, S. 148), der im Rahmen der Grunderwerbsteuer eine Zurechnung des Eigentums zum Sondervermögen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO für nicht möglich hält. Vielmehr stelle die Grunderwerbsteuer in Bezug auf die die Grunderwerbsteuer auslösenden Momente auf die nach § 1 GrEStG umschriebenen, bzw. fingierten, und typisierten Rechtsvorgänge ab.
Die Veräußerung, die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen an einem im Wege des Treuhandmodells verwalteten Immobilien-Sondervermögens unterliegen demnach nicht der Grunderwerbsteuer, da bei einer Änderung der Anteilsverhältnisse am Sondervermögen kein Tatbestand des § 1 GrEStG erfüllt wird, der eine Grunderwerbsteuerbarkeit begründen könnte. Insbesondere findet kein (auch kein fingierter) Wechsel der Eigentumsverhältnisse statt.
Auch nach Ansicht des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags fällt bei Unit Deals im Rahmen der Treuhandlösung regelmäßig keine Grunderwerbsteuer an (Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestags v. 04.10.2019, WD 4 - 3000 - 117/19, S. 4 und 5). Hieran würden auch die Änderungen und Ergänzungen durch das Grunderwerbsteueränderungsgesetz (in seiner damaligen Entwurfsform) nichts ändern. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass den Anteilseignern des Sondervermögens, im Gegensatz zur jeweiligen KVG, keine eigene Verwertungsbefugnis zukomme (Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestags v. 04.10.2019, a.a.O. S. 8). Im Vergleich zur Entwurfsform im Zeitpunkt dieser Ausarbeitung haben sich inhaltlich auch keine für den Unit Deal gewichtigen Änderungen im Hinblick auf die finale Fassung des Grunderwerbsteueränderungsgesetzes ergeben.
Probleme des Unit Deals in der Praxis:
Die Möglichkeiten der Auflage von Immobiliensondervermögen ist umfangreich. Diese können beispielsweise als geschlossene oder offene, als Spezial- oder Publikumsfonds, aufgelegt werden. Gerade für institutionelle Anleger bieten Immobilien-Spezialfonds – im Gegensatz zu Publikumsfonds – einen direkten Zugriff auf das Portfolio über den – wenn sie alleiniger Anteilseigner sind, durch sie gebildeten – Anlegerausschuss und erlauben damit z.B. Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerken die Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben, z.B. nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG).
Besonders problematisch in der Praxis, mit Blick auf eine Nutzung einer Sondervermögensstruktur aus grunderwerbsteuerlichen Zwecken, erscheint der (offene und geschlossene) Publikumsfonds; dies allerdings aus tatsächlichen, aufsichtsrechtlichen Gründen und nicht aus steuerlichen. So werden durch das KAGB umfangreiche, aufsichtsrechtliche Pflichten, Zustimmungserfordernisse und Fristen festgelegt, die schnelle Handlungsmöglichkeiten kaum zulassen; dies gilt insbesondere für die Variante des Umbuchungsmodells. Hinsichtlich geschlossener Sondervermögen tritt dabei noch hinzu, dass ein Ausstieg vor Ablauf der Laufzeit gar nicht erst vorgesehen ist, ein Verkauf der Anteile also lediglich über Zweitmärkte möglich ist.
Auch die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des Umbuchungsmodells bei offenen Publikums-Immobilien-Sondervermögen können Probleme bereiten. So ist die interne Umbuchung des Vermögens in diesem Fall, entsprechend § 239 Abs. 2 Nr. 3 KAGB, von der Zustimmung der BaFin abhängig, was in der Praxis nicht selten zu enormen zeitlichen Verzögerungen und/oder, aufgrund des Ausbleibens der Zustimmung, zur Rückkehr zum Anteilskauf führt. Im Gegensatz hierzu ist bei Spezialsondervermögen – also bei auf professionelle und semiprofessionelle Anleger konzipierten Sondervermögen – eine Zustimmung der BaFin zur Umbuchung nicht erforderlich.
Zukünftige Aussichten:
Nachdem bereits der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags die Änderungen des Grunderwerbsteueränderungsgesetztes nicht für ausreichend hält, etwaige Steuervermeidungen durch Unit Deals in der Zukunft auszuschließen, ist fraglich, ob diese Problematik durch die Politik aufgegriffen wird. Konkrete Entwürfe gibt es hierfür noch nicht. So wurden auch die Vorschläge des Wissenschaftlichen Dienstes einer Besteuerung nach dem Länder-Reformmodell II – hiernach ist ein grunderwerbsteuerlicher Durchgriff auf die Gesellschafterebene mittels fiktiver Bruchteilsbetrachtung vorgesehen – oder vergleichbar dem niederländischen Wertdurchgriffsmodell – hiernach wird auf das wirtschaftliche Eigentum abgestellt und die Steuerpflichtigkeit auf qualifizierte Immobiliengesellschaften beschränkt – nicht in das Grunderwerbsteueränderungsgesetz aufgenommen. Dies ist unserer Ansicht nach auch systemkonform und folgerichtig. Eine grunderwerbsteuerliche Besteuerung von Unit-Deals würde, im Sinne des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, eine umfassende Reform der deutschen Grunderwerbsteuer erfordern, da nicht mehr auf die zivilrechtliche Verwertungsbefugnis, sondern auf die wirtschaftliche Zurechnung abgestellt würde. Zudem würde die primäre, im Fokus der Anleger stehende Kapitalbündelungsfunktion von Investmentsondervermögen verkannt, die gerade das grundlegende Motiv der Auflage von Immobiliensondervermögen darstellt.
Kernaussagen:
- Sondervermögen sind zivilrechtlich nicht rechtsfähige Vermögensmassen.
- Bei einer Übertragung der Anteile am Sondervermögen findet zivilrechtlich kein Eigentümerwechsel statt.
- Da sich das Grunderwerbsteuergesetz am Zivilrecht orientiert, unterliegen Unit Deals regelmäßig nicht der Grunderwerbsteuer.
- An der grunderwerbsteuerlichen Einordnung von Unit Deals ändert auch das zum 01. Juli in Kraft getretene Grundsteueränderungsgesetz nichts.
- Unit Deals werden wohl auch künftig eher bei Institutionellen Anlegern auftreten. Die Ersparnis der Grunderwerbsteuer mag dabei ein wirtschaftlicher, aber kein ausschlaggebender Grund für die Wahl des Unit Deals sein.
- Das tatsächliche Bedürfnis der Politik, die Vermeidung von Grunderwerbsteuer durch Unit Deals zu verhindern, ist bisher nicht erkennbar.