Immobilien- & Baurecht
Nachhaltige Mietverträge – Immobilienbranchenverband ZIA stellt „Green Lease 2.0“ vor
Vermehrt finden sich in den letzten Jahren vor allem in Gewerberaummietverträgen sogenannte „Green Lease“ Klauseln. Vermieter versuchen, ihre Immobilien für den Verkauf und die Verwaltung entsprechend der geltenden ESG Regulatorik und Praxis aufzustellen, während Mieter aufgrund ihrer eigenen ESG-Strategie gewisse Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Mietflächen stellen.
Der ZIA hat am vergangenen Freitag sein neues Konzeptpapier Green Lease 2.0 vorgestellt, das die Vorschläge des Branchenverbandes für nachhaltige Mietverträge aus dem Jahr 2018 aktualisiert und überarbeitet. Das Ergebnis ist kein „one size fits all“-Produkt, sondern eine Art Baukasten, aus dem die Parteien die für die individuelle Immobilie und Vertragssituation passenden Klauseln auswählen können, um ihr Mietverhältnis nachhaltiger zu gestalten. Das Konzeptpapier enthält dafür zwei allgemein verwendbare Varianten für Gewerbemietverträge, nämlich den Basis Green Lease (Fokus auf Kernelemente) und den Erweiterten Green Lease, die nachfolgend kurz skizziert werden sollen.
Green Lease – was ist das?
Auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Mietverträge sollen den Mieter zu einer möglichst nachhaltigen Nutzung und den Vermieter zu einer möglichst nachhaltigen Bewirtschaftung der Immobilie veranlassen. Der „Green Lease 2.0“ folgt dabei einem weiten Verständnis des Nachhaltigkeitsbegriffs in Anlehnung an Taxonomie-VO, Offenlegungs-VO und CSRD. Jeder geeignete Beitrag zur Förderung eines ökologischen Umweltziels, auch unter „Social“ und „Governance“ Gesichtspunkten ist ein geeigneter Nachhaltigkeitsbeitrag, es sei denn, es geht damit eine erhebliche Beeinträchtigung eines anderen Umweltziels einher.
Kernelemente des Basis Green Lease
Folgende vier Kernelemente werden für den Basis Green Lease definiert:
- Gegenseitiger Austausch von Verbrauchsdaten
- Förderung nachhaltiger Energiequellen bei der Energie- und Wärmeversorgung
- Einsparung von Ressourcen (Energie und Wasser) sowie Reduzierung von Abfall
- Umwelt- und ressourcenschonende Durchführung von Bau- und Reparaturmaßnahmen
Zusatzelemente des Erweiterten Green Lease
Der Erweiterte Green Lease bietet darüber hinaus:
- Inhaltliche Ergänzungen zu den Kernelementen des Basis Green Lease
- Zertifizierungsspezifische Regelungen im Falle einer geplanten oder bestehenden Zertifizierung des Mietobjektes
- Abbildung weiterer Themenkomplexe ohne konkrete Regelungsempfehlungen
Das Konzeptpapier Green Lease 2.0 enthält zahlreiche Regelungen und Varianten zu diesen Themen, die im Rahmen der Vertragsverhandlungen in Abstimmung mit den technischen und rechtlichen Beratern für die spezifische Immobilie und das Vermietungskonzept passend ausgewählt werden können.
Änderungen vom Green Lease 1.0 zum Green Lease 2.0
Der ZIA hebt deutlich hervor, dass es sich bei dem Green Lease 2.0 um eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Green Lease 1.0 für künftige Mietverträge handelt. Bestehende Mietverträge, die auf dem Green Lease 1.0 des ZIA beruhen, müssen nicht zwingend angepasst werden. Den Parteien soll mit dem Konzeptpapier Green Lease 2.0 lediglich eine zukunftsfähige Möglichkeit der Anpassung gegeben werden.
Im Basis Green Lease ergeben sich folgende Änderung im Vergleich von Green Lease 2.0 zur Vorversion Green Lease 1.0:
- Der Nachhaltigkeitsbegriff wird an die EU-Regelwerke angelehnt.
- Es werden zwei alternative Programmklauseln vorgeschlagen, eine mit und eine ohne Bezug auf die Taxonomie-VO.
- Keine Regelungsempfehlung mehr im Basis Green Lease zu Mobilität, Nachhaltigkeitsdialog, Nachhaltigkeitsausschuss und Mitarbeiterschulungen – dies sind nur noch Themen des Erweiterten Green Lease.
- Klimaanlagenbetrieb wird vollständig gestrichen.
- Aufnahme von Social und Governance Aspekten sowie Regelungen zu Photovoltaikanlagen im Erweiterten Green Lease.
Ausblick
Das Konzeptpapier Green Lease 2.0 versucht, die auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit entstehenden Spannungsfelder in Einklang zu bringen, indem Eingriffe in die operative Mietersphäre möglichst geringgehalten werden und der Fokus eher auf immobilienbezogene Regelungen gelegt wird. Bei der Abweichung von mieterschützenden Vorschriften in AGBs zugunsten von mehr Nachhaltigkeit muss die Rechtsberatung dringend darauf achten, dass es nicht am Ende zu einer Unwirksamkeit einzelner Regelungen kommt. Auch das noch bestehende Schriftformerfordernis des § 550 BGB für Gewerberaummietverträge ist bei der praktischen Ausgestaltung – insbesondere bei der Verweisung auf Green Lease Vorgaben in Anhängen – unbedingt zu beachten. Im Rahmen von Verhandlungen wird sich zeigen, wie sich die Green Lease Regelungen am Ende durchsetzen: kommt es zu echten Verpflichtungen der Parteien oder bleibt es bei einem bloßes Bemühen einer der Parteien als Teil ihrer vertraglichen Pflichten. Die Rechtsberatung wird zum Ausgleich der Interessen der Vertragsparteien und im Hinblick auf möglichst sichere und praxisnahe Regelungen künftig in diesem Bereich noch mehr gefordert werden.