Wirtschaftsrecht Frankreich
Deutsch-französischer Rechtsverkehr und Verträge: Warum es sich lohnt, bei der Formulierung von gerichtlichen Zuständigkeitsvereinbarungen Sorgfalt walten zu lassen
In den meisten Handelsverträgen im deutsch-französischen Rechtsverkehr wie auch im internationalen Wirtschaftsrecht allgemein wird eine Vereinbarung darüber getroffen, welches Gericht im Fall eines Rechtsstreits zuständig sein soll. Um zu verhindern, dass eine solche Vereinbarung ins Leere geht, müssen bestimmte Dinge unbedingt beachtet werden.
Nach der EuGVVO sind Gerichtsstandsvereinbarungen im Handelsverkehr zwischen Deutschland und Frankreich zu beachten
Gemäß Art. 25 der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (EuGVVO, Brüssel 1a-Verordnung) muss eine solche Vereinbarung (außer im Fall von zwingenden Zuständigkeitsregelungen, z. B. zum Schutz des Verbrauchers) zwischen den Parteien grundsätzlich berücksichtigt werden, wenn die Formvorschriften eingehalten worden sind („schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung“). Ohne eine solche Vereinbarung richtet sich die Frage, welches Gericht in Frankreich oder Deutschland zuständig ist, nach anderen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (EuGVVO). Grundsätzlich gilt hier (wie im Übrigen auch bei rein innerdeutschen Rechtsstreitigkeiten nach der deutschen ZPO), dass die Gerichte am (Wohn-)Sitz der Beklagtenpartei zuständig sind. Darüber hinaus gibt es aber auch noch einige Sonderregeln, die teilweise zusätzliche Gerichtsstände eröffnen, z. B. am Lieferort oder am Ort der Erbringung einer Dienstleistung. In bestimmten Fällen, z. B. im Arbeitsrecht und im Verbraucherschutzrecht, gelten ausschließliche Gerichtsstände, die von der Grundregel der Zuständigkeit am Sitz des Beklagten abweichen. Dies soll dem Schutz der Partei dienen, die typischerweise in einer schwächeren Position ist.
Die Gerichtsstandsvereinbarung muss hinreichend bestimmt sein
Neben der Einhaltung der Formvorschriften gibt es jedoch noch andere wichtige Aspekte bei der Formulierung einer Gerichtsstandsvereinbarung im deutsch-französischen Rechtsverkehr zu beachten.
Insbesondere muss die Vereinbarung über die gerichtliche Zuständigkeit hinreichend bestimmt sein. So hat sich das Landgericht Frankfurt/Main in einem richterlichen Hinweis vom 02.10.2018 auf den Standpunkt gestellt, es genüge nicht, die Zuständigkeit der Gerichte in „Frankfurt“ zu bestimmen, obwohl eine der Parteien ihren Sitz in Frankfurt am Main hat und es daher eigentlich offensichtlich war, welches Frankfurt gemeint war. Da es auch in Frankfurt an der Oder Gerichte gäbe, sei die Gerichtsstandsvereinbarung mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam (IWRZ 2020, 46 m. Anm. Müller). Gerade im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Frankreich gibt es einige Ortsnamen, die beiderseits der Grenze oder auch in den anderen angrenzenden Staaten existieren, sodass zur Vermeidung von Unklarheiten neben dem bloßen Ortsnamen noch zusätzliche Angaben empfehlenswert sind (z.B. „Freiburg im Breisgau“, „Mühlhausen in Thüringen“, „Dillingen an der Donau“).
Die Gerichtsstandsvereinbarung sollte auch deliktsrechtliche Ansprüche umfassen
Darüber hinaus sollte die Zuständigkeitsvereinbarung so weit formuliert sein, dass sie sich nicht nur auf vertragliche, sondern auch auf deliktische Ansprüche aus einem bestimmten Rechtsverhältnis bezieht. Bei einer zu eng formulierten Gerichtsstandsvereinbarung, die nur Ansprüche aus einem Vertrag betrifft, besteht ansonsten die Gefahr, dass französische Gerichte sich bei Ansprüchen wegen „brutalen Abbruchs einer langjährigen Geschäftsbeziehung“ (rupture brutale des relations commerciales établies) trotz der Vereinbarung der Zuständigkeit deutscher Gerichte für zuständig halten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist die Kündigung aufgrund von Artikel L. 442-1, II Code de commerce (französisches Handelsgesetzbuch) als „brutal“ und damit rechtwidrig angesehen werden kann, wenn die vertragliche Kündigungsfrist weniger als 18 Monate betrug.
Fazit
Bei der Einbeziehung und der Formulierung von Gerichtsstandsvereinbarungen sollte auf keinen Fall geschludert werden. Dies gilt gerade auch im deutsch-französischen Rechtsverkehr, da es hier einige besondere Klippen gibt, die es zu umschiffen gilt.