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18. EU-Sanktionspaket: Neue Güterlisten & „Catch-All“ für Exporteure
Am 18. Juli 2025 hat die EU ihr 18. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Im Fokus stehen diesmal neben weiteren Listungen von Personen und Banken auch eine Ausweitung der Exportbeschränkungen auf Fertigungstechnik und eine neue sogenannte „Catch-All“-Klausel. Gerade für Unternehmen im produzierenden Gewerbe können diese Neuerungen Risiken bergen – auch dann, wenn derzeit keine unmittelbaren Russlandbezüge (mehr) bestehen.
Ausweitung von Anhang VII: Fertigungsmaschinen und Industrieanlagen neu gelistet
Mit dem neuen Paket hat die EU den Anhang VII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 erheblich erweitert. Dieser enthält Güter mit potenzieller militärischer oder technologischer Relevanz, für die vielfältige Verbote bestehen, z.B. für die Ausfuhr nach Russland oder die Erbringung von technischer Unterstützung (sogenannte „Anhang VII-Güter“).
Neu aufgenommen wurden unter anderem:
- CNC-Maschinen zur präzisen Bearbeitung von Metall, Kunststoff oder Keramik
- Wasserstrahl- und elektroerosive Schneidemaschinen
- Komponenten zur Herstellung von Raketentreibstoffen
Die Aufnahme dieser Maschinen erfolgt mit dem Ziel, Produktionskapazitäten der russischen Rüstungsindustrie zu schwächen. Die EU reagiert damit auf Erkenntnisse, dass selbst vermeintlich zivile Anlagen in Russland zur Herstellung von Drohnenteilen, Munition oder Raketen verwendet werden.
Außerdem neu: „Catch-All“-Klausel für gelistete Güter
Die regelmäßige Überprüfung des eigenen Produktportfolios darauf, ob sie von den Embargoverordnungen erfasst sind, ist wichtig, um die Verbote in Zusammenhang mit Lieferungen nach Russland zu kennen und einhalten zu können. Denn: Neu eingeführt wurde mit dem 18. Sanktionspaket auch eine „Catch-All“-Klausel für Anhang-VII-Güter (Art. 2a Abs. 1aa VO (EU) Nr. 833/2014), die sich von der Funktionsweise an Art. 5 der Dual-Use-Verordnung (VO (EU) 2021/821) orientiert. Mit dieser neu aufgenommenen Regelung können Lieferungen von Anhang VII-Gütern auch bei Ausfuhren in andere Drittstaaten (also nicht mehr nur Russland/Belarus) einer Genehmigungspflicht unterliegen, sofern die zuständige Behörde den Exporteur über eine mögliche Umgehung informiert.
Für Unternehmen bedeutet das: Die genaue Kenntnis der auf die eigenen Produkte anwendbaren Vorschriften ist entscheidend.
- Wer Maschinen oder Anlagen liefert, die von den Embargoverordnungen betroffen sind, muss, auch wenn er selbst nicht nach Russland/Belarus liefert, zumindest sicherstellen, dass interne Prozesse eingerichtet sind, um behördliche Hinweise auf Umgehung schnell an die verantwortlichen Personen weiterzuleiten und eine Lieferung ohne die erforderliche Genehmigung notfalls zu stoppen.
- Um drohenden Vertragsstrafen durch die entstehende Verzögerung (oder ggf. sogar das Verbot der Lieferung) zu entgehen, ist eine vorausschauende und strategische Vertragsgestaltung zur Absicherung essentiell.
Weitere Maßnahmen: Banken, Nord Stream und Einzellistungen
Neben den genannten Kernpunkten umfasst das 18. Paket auch weitere Maßnahmen:
- Neue Listungen von über 100 natürlichen und juristischen Personen, u. a. weitere russische Banken, Unternehmen aus Belarus sowie Vermittler in Drittstaaten wie China oder Kasachstan.
- Ein weitreichendes Verbot aller Geschäfte im Zusammenhang mit der Nord-Stream-1- und Nord-Stream-2-Infrastruktur, das jede weitere Nutzung, Lieferung oder technische Unterstützung untersagt.
- Strengere Verbote für Zahlungen an gelistete Banken – insbesondere im Hinblick auf deren Rolle bei der Umgehung von Exportverboten. Neu sind auch verschärfte Regeln für Finanzintermediäre in Drittstaaten (Art. 5ad VO (EU) Nr. 833/2014): Transaktionsverbote gelten auch für Nicht-EU-Banken oder Krypto‑Provider, die sich an der Umgehung von Sanktionen beteiligen (z. B. Transaktionen für russischen Handel ermöglichen oder das russische Zahlungssystem SPFS nutzen). Damit werden auch Umgehungspartner der bereits erfassten Banken sanktioniert.
Handlungsempfehlung für Unternehmen
Auch wenn Ihr Unternehmen keine direkten Geschäftsbeziehungen mit Russland unterhält, sollten Sie das 18. Sanktionspaket zum Anlass nehmen, Ihre internen Prozesse zu überprüfen:
- Prüfen Sie, ob Ihre Produkte von der neuen Anhang-VII-Liste betroffen sind.
- Etablieren Sie ein Verfahren zur Erfassung, Dokumentation und internen Weiterleitung behördlicher Unterrichtungen.
- Sensibilisieren Sie Vertrieb und Exportabteilung für die Rechtsfolgen einer behördlichen „Catch-All“-Mitteilung“.
- Nutzen Sie gegebenenfalls externe Expertise, um Lieferbeziehungen über Drittstaaten zu bewerten.
- Prüfen Sie Ihre Lieferverträge daraufhin, ob Sie im Fall einer möglichen Lieferverzögerung oder eines Lieferverbotes gegen Vertragsstrafen oder Schadenersatz geschützt sind.