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Neuigkeiten in der Exportkontrolle – Allgemeine Genehmigungen seit dem 01.09.2023 erweitert
Für den Know-How-Standort und Exportweltmeister Deutschland (auch im vergangenen Jahr 2022 auf Platz 3 der Weltrangliste[1] werden Beschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs zunehmend ein bedeutendes Instrument politischer Wirkung. In Zeiten zunehmender Spannungen der Wirtschaftsnationen und geopolitischer Unruhen, nicht zuletzt seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine, gewinnt die staatliche Kontrolle des Warenverkehrs vermehrt an Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt wird dies durch die kaum mehr durchschaubare Fülle an Sanktionsmaßnahmen gegen Russland demonstriert. Deutsche Unternehmen sehen sich daher bei Lieferungen in das Ausland auch außerhalb des Russlandgeschäfts zunehmend Genehmigungs- und Prüfpflichten ausgesetzt.
Insbesondere technische Teile, Vorprodukte für oder Bestandteile von Maschinen, bestimmte Technologien und Werkstoffe, aber auch dazugehörige Software oder Technologien fallen häufig unter die Einstufung als sog. Dual-Use-Güter. Für diese bestehen bei der Ausfuhr ins außereuropäische Ausland, aber ggf. auch bei Verbringungen ins EU-Ausland, Prüf- und Genehmigungspflichten. Dass ein bestimmter Kunde die gelieferten Dual-Use-Güter rein zivil nutzt, ändert nichts an einer Einstufung als Dual-Use-Gut. Auch dann müssen bestehende Genehmigungspflichten eingehalten werden. Zusätzliche Genehmigungspflichten bestehen auch bei militärisch nutzbaren Gütern (Rüstungsgütern).
Das Procedere, jede Lieferung an einen ausländischen Kunden einzeln genehmigen zu lassen, ist jedoch nicht praktikabel und auch nicht sinnvoll, wie auch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) anerkennt. Die Behörde hat zur Aufgabe, bedenkliche Ausfuhren von Gütern zu kontrollieren, um die Weiterverbreitung von besonders gefährlichen Waffensystemen oder die unverhältnismäßige Anhäufung von konventionellen Rüstungsgütern zu prüfen und ggf. zu unterbinden. Daher gibt es insbesondere, wenn die Produkte hauptsächlich für zivile Nutzungen bestimmt sind, Möglichkeiten, mit denen nicht r jede Lieferung gesondert geprüft oder gar genehmigt werden muss, nur weil sie an einen ausländischen Kunden geht. Besonders praktisch sind dabei die von der BAFA ausgestellten sogenannten Allgemeinen Genehmigungen (AGG).
Allgemeine Genehmigungen sind eine Sonderform der bei einer Genehmigungspflicht einzuholenden Ausfuhrgenehmigung. Sie enthalten eine bestimmte Gruppe an Ländern, in die eine bestimmte Gruppe von Gütern vereinfacht geliefert werden darf. Sie haben die gleiche Wirkung wie eine reguläre Ausfuhrgenehmigung, müssen aber nicht beantragt werden. Sie können bei der Zollabwicklung miterledigt werden. Ein großer Vorteil der Allgemeinen Genehmigungen ist, dass man mit ihrer Verwendung sofort liefern darf, und nicht auf eine Bearbeitung der Anfrage beim BAFA warten muss. Sie bieten daher mehr Planungssicherheit.
Der Inhalt der allgemeinen Genehmigungen wird regelmäßig durch das BAFA überarbeitet, um damit auf aktuelle (politische) Veränderungen reagieren zu können. Üblicherweise wird dabei der Anwendungsbereich der bestehenden AGG leicht erweitert oder beschränkt, sowie die Länderlisten leicht verändert.
Mit den jüngsten Neuerungen sind jedoch einige beachtliche Änderungen vorgenommen bzw. angekündigt worden:
- Die Gültigkeitsdauer der Allgemeinen Genehmigung Nr. 15, die sog. „Brexit-AGG“ für Lieferungen von Dual-Use-Gütern in das Vereinigte Königreich, wurde letztmalig auf den 31.03.2024 verlängert. Eine weitere Verlängerung ist derzeit nicht vorgesehen. Das Vereinigte Königreich gilt seit dem Austritt aus der Europäischen Union als Drittland. Das ist bei Lieferungen in das Vereinigte Königreich zu beachten.
- Gänzlich neu hinzugekommen ist die Allgemeine Genehmigung Nr. 33 für die Ausfuhr und Verbringung sonstiger Rüstungsgüter. Sie betrifft Güter, die in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste enthalten sind (mit Ausnahme von Kriegswaffen sowie der Listenpositionen 0001, 0002, 0003a, 0021b und 00022). Mit der AGG Nr. 33 können Verbringungen und Ausfuhren von Rüstungsgütern an Empfänger und Endverwender in den folgenden Bestimmungszielen seit dem 01.09.2023 vereinfacht abgewickelt werden: Zollgebiet der Europäischen Union, Mitgliedstaaten der NATO (mit Ausnahme der Türkei), Australien, Japan, Liechtenstein, Neuseeland, die Republik Korea und die Schweiz. Für endgültige Verbringungen und Ausfuhren hat der Nutzer eine Endverbleibserklärung zu archivieren, sie ist jedoch nur auf Anfrage vorzulegen. Eine Vorabregistrierung ist erforderlich.
- Eine nützliche Vereinfachung in der Allgemeinen Genehmigung Nr. 12 betrifft die Erhöhung der Wertgrenze. Die Wertgrenze, unterhalb derer vereinfacht ausgeführt werden kann, wurde von 5.000 EUR Warenwert auf 10.000 EUR Warenwert pro Lieferung erhöht.
- Insgesamt wurden auch weitere Anpassungen der bestehenden AGG vorgenommen und einige Verfahrenserleichterungen bekannt gegeben. Diese können im Einzelnen unter https://www.bafa.de/SharedDocs/Newsletter/DE/ManuellerVersand/Aussenwirtschaft/EKA_2023_08_sonder.html ) nachgelesen werden.
Damit können seit dem 01.09.2023 spezielle Bauteile, Komponenten oder Produkte, die in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste gelistet sind, aber auch Dual-Use-Güter und Güter unterhalb der Wertgrenze von 10.000 EUR in zahlreiche Bestimmungsländer stark vereinfacht ausgeführt werden.
Für Verwender von Allgemeinen Genehmigungen ist es essentiell, zu überprüfen, dass deren Bedingungen eingehalten werden. Fehler bei der Einschätzung oder (Zoll-)Codierung können eine ungenehmigte Ausfuhr darstellen, die unter Umständen auch auf Geschäftsleiterebene strafrechtlich sanktioniert werden können. Eine zuverlässige Überprüfung der eigenen Prozesse ist daher entscheidend.
Bei rechtlichen Fragen zu konkreten Ausfuhrgeschäften, aber auch zur Gestaltung eines rechtssicheren Compliance Prozesses können wir gerne unterstützen. Sprechen Sie uns einfach an.
[1] Quelle https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37013/umfrage/ranking-der-top-20-exportlaender-weltweit/